Copyright ©

Alle Rechte vorbehalten. Rev. 1.0 - 25.10.2002
Rev. 1.1 - 22.11.2002
[mailto:] caissist ad gmx.net        disclaimer



Aljechin - mein Plagör

Die Teilnahme am Hastings-Turnier 1934/35

zur Hauptseite



Die russischen Schachspieler erwarteten bei seinem ersten Auslandsstart große Dinge von ihm, nämlich den selbstverständlichen Sieg.


Ich habe die gleiche Enttäuschung wie B. Weinstein (General-
sekretär des sowjetischen Schachverbandes - Anm. d. A.)
erleben müssen. Er war verzweifelt, daß er keine erfreulichen Nachrichten nach Hause melden konnte; denn seine 6 Punkte aus 9 Partien waren zweifellos ein Mißerfolg. Was war die Ursache? Aljechin kam aus Moskau mit 40 Grad Kälte - und ich aus Deutschland mit -15 Grad, während in Hastings ein mildes Meeresklima mit 15 Grad plus herrschte. (Diemer verwechselt hier sicherlich Aljechin mit Botwinnik?! - Anm. d. A.) Das machte uns völlig fertig.
Mich schlauchte die Geschichte so sehr, daß ich aus den ersten 6 Runden einen schäbigen Zähler machte. Aber ich zog mich dann doch noch ehrenvoll aus der Affäre auf eine höchst eigentümliche Weise: Ich gewann nämlich die letzten 3 Partien und hatte so am Schluß 4 aus 9 erreicht.
Wie kam es dazu? Ich begann verzweifelt zu rauchen wie ein Schlot und schrieb die Siege diesem einmaligen Kettenrauchen zu. Vor dieser Zeit und nach Hastings habe ich nie mehr geraucht! Das Jahr darauf habe ich das gleiche Turnier mit 7 aus 9 (2 Remis) gewonnen.
1936/37 fuhr ich zum dritten Mal nach Hastings. Ich gewann dieses Turnier. Es war der zahlenmäßig größte Erfolg mit 8,5 aus 9, mit 3 Punkten Vorsprung.
(jeweils im Hauptturnier in Hastings, neben dem Meister- und einem Herausfordererturnier ausgespielt - Anm. d. A.)

[Diemer 1985]
(E. J. Diemer 1985 ?)

Aljechin nahm in Hastings auch teil; gewann sein Turnier und zwar schaffte er sein Comeback in der letzten Partie gegen Reuben Fine. Ich stand bei der letzten Partie mehr an seinem Brett als ich an meinem saß.
Da geschah etwas für mich Unvergeßliches: Als ich zur Preisverteilung vorschritt, begann Aljechin zu klatschen, und alle fielen ein - und so war Aljechin, der kommende Weltmeister, mein Plagör.
Dieses Turnier war die Geburtsstunde des neuen bzw. alten Weltmeisters Aljechin. In seinem Rückkampf gegen Euwe war er wieder voll da, wie ihn die Schachwelt viele Jahre bewundert hatte.

Meine letzte Begegnung mit Aljechin war in München bei der Europa-Meisterschaft (1941, GM Stoltz gewann vor Lundin, gemeinsam mit Bogoljubov und Aljechin - Anm. d. A.), wo er mit knapper Not dem Luftangriff auf München entging. Gegenüber dem Hotel als Spielort explodierte eine Sprengbombe und vernichtete das ganze Haus. Am anderen Tag wurde unter Ausschluß des Publikums weitergespielt.
Keres wohnte nicht in dem Spiel-Hotel. Vor dem Hotel, in dem Keres wohnte, kam ebenfalls eine Sprengbombe zur Entladung. Glücklicherweise stand Keres mit dem Rücken zum Fenster und konnte sich schnell in Deckung bringen, sonst wäre er damals sicher tödlich verletzt worden.

Zum Abschluß noch eine tragikomische Geschichte. Die Frau von Aljechin, mit der er 1934 während des Wettkampfes mit Bogoljubov (WM-Herausforderungskampf - Anm. d. A.) seine Hochzeitsreise machte, hatte einige wertvolle Modellkleider mitgebracht, und der Zufall wollte es, daß genau durch diese Kleider ein Bombensplitter ging und die kostbaren Kleider zerriß.

Für Aljechin war diese Frau zu einer Art Fehlkombination geworden. Er war der Meinung, seine Frau besäße eine wertvolle Teeplantage, die aber keineswegs so wertvoll zu sein schien, sonst hätte sie nicht ihren Tee portionsweise während des Wettkampfes gegen Bogoljubov feilgeboten.

Ich möchte damit meine Erinnerungen an Aljechin schließen, werde aber in einem späteren Artikel auf die merkwürdigen Begleitumstände seines "Selbstmordes" zurückkommen.


E. J. Diemer


(Orthographie korrigiert, Stilistik und Formatierung entsprechen der Quelle. - Anm. d. A.)

Ergänzung d. A.:
Die zeitlichen und/oder personellen Bezüge scheinen etwas unklar; Frage: Wann und wo spielte Botwinnik sein erstes Turnier im Ausland? Verwechselte Diemer an dieser Stelle tatsächlich Aljechin mit Botwinnik?
Horst Helten (Schach-Antiquar) meinte in seiner Rezension zur Olms Edition "Internationales Schachturnier Bern 1932", daß Aljechin im Zeitraum zwischen seinen WM-Kämpfen 1927 und 1935 lediglich ein Turnier nicht gewonnen hätte - Hastings 1933/34 ?!


Copyright © 1985 Europa-Rochade, All Rights Reserved.

zum Anfang