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HUMOR !!

IM Hans Müller mit scharfer Zunge über Diemer und Gunderam

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Diemer, der unermüdliche Verfechter des Blackmar-Gambits, veröffentlicht in dem Blatt der Blackmar-Gemeinde eine unterhaltende linguistische Studie, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen. Man lese, staune, und lächle!


      Blackmar-Schwarz-Verderb

Ja, auch im Falle des "Blackmar-Gambits" heißt es fürwahr: "Nomen est omen". Im Namen "Blackmar" ' ist die Bedeutung, die in wohl nicht mehr allzulanger Zeit das "Blackmar-Diemer-Gambit" für die ganze Schachwelt, für die Schachgeschichte haben wird, bereits PROFETISCH (soll wohl heißen Prophetisch ? - H. M.) enthalten.
Auf der Rückreise von Holland machte ich bekanntlich (! - H. M.) einen Besuch in Bad Grund bei dem Spitzenspieler von Seesen, Fick. Ich brachte die Sprache auf die Bedeutung des Namens Blackmar und meinte, in übertragener Bedeutung, wenn man an die Wirkung meines Gambits denkt, könnte man das "Blackmar-Gambit" deuten. Black = schwarz, dunkel, Nacht. Mar = Nachtmahr, Nachtgespenst. "Blackmar" also der Zustand, in den man durch einen schrecklichen Traum versetzt wird, also Alpdruck.
Mein Schachfreund meinte dazu, daß es im Englischen im Zusammenhang mit Black nur Blackmail gibt. Wörtlich übersetzt: Schwarzbrief. Nun, das wäre auch nicht übel: das Blackmar-Gambit "erpreßt" ja in nicht wenigen Varianten den Schwarzen, daß er am Ende Hab und Gut verliert. (Wenn er den Diemerschen Analysen folgt! - H. M.)
Wir sehen dann aber nochmals im Lexikon nach, und siehe da, was stellten wir fest? Das Mar nichts anderes bedeutet als Verderb!!! Also: Blackmar-Gambit - der Verderber des Schwarzen!! (Ob sich der arme Blackmar nicht im Grabe umdrehen wird, wenn er dieses analytische Meisterstück zu Gesicht bekommt? - H. M.) Was ich ja seit Jahr und Tag unermüdlich behauptet - und hoffentlich auch bald bewiesen habe!!
Den Anfang von diesem Beweis macht mein Schachfreund G. Gunderam mit seiner Arbeit "Die Wiener Verteidigung im Blackmar-Diemer-Gambit".


Hier ergreift die Österreichische Schachzeitung wieder das Wort, um zu diesem "Anfangsbeweis" des Schachfreundes Gunderam Stellung zu nehmen.

      1. d4 d5 2. e4 d:e4 3. Sc3 Sf6 4. f3 Lf5

Als Gunderam den von uns empfohlenen Zug 4. ... Lf5 zum erstenmal erblickte, "rebellierte sein Schachgefühl".
Die dadurch ausgelösten schöpferischen Kräfte erzeugten eine "Analyse", die wir unseren Lesern vorführen wollen.

      5. g4 Lg6 6. h4 ...

Nach Gunderam entfaltet dieser Zug seine größte Wirkung, wenn er sofort geschieht.

      6. ... h5 7. g5 ...
[IM Hans Müller]
IM Hans Müller (1896-1971)


Hier bemerkt der Analytiker, daß die eingedrungene Bauernspitze bei der Stellung des Randbauern h5 "... an Bedeutung gewonnen hat". Den Beweis für diese tiefsinnige Bemerkung bleibt uns der Mann mit dem rebellierenden Schachgefühl jedoch schuldig.

-------------------
|rn-qkb-r|
|ppp-ppp-|
|-+-+-nb+|
|+-+-+-Pp|
|-+-Pp+-P|
|+-N-+P+-|
|PPP+-+-+|
|R-BQKBNR|
-------------------

Die strategische Lage (der rechte Flügel des Anziehenden ist festgelegt und geschwächt, ohne daß Weiß hierfür eine Kompensation in der Mitte erhält) scheint Gunderam nicht zu interessieren, da ja die Mitglieder der Blackmar-Gemeinde laut ihrem Propheten Diemer schon vom ersten Zug an auf matt spielen müssen.

      7. ... Sd5

Durchaus nicht erzwungen, da dem Schwarzen die starke Fortsetzung 7. ... Sfd7 zur Verfügung steht. Zum Beispiel: 8. f:e4 e5! 9. d:e5 Sc6! oder 8. S:e4 e5! 9. d:e5 Sc6; in beiden Fällen hat Schwarz das bessere Spiel erlangt, was bei der schwachen Partieanlage des Anziehenden nicht verwunderlich ist.

      8. S:e4 e6 9. c3 ...

Hier erwähnt Gunderam, daß die alte Spielform 5. g4 Lg6 6. g5 Sd5 7. S:e4 e6 8. c4 Se7 9. Sg3 Sbc6 10. Le3 Sf5 11. S:f5 L:h5 12. Lh3 L:h3 13. S:h3 (bis hierher folgen wir einer Partie Tartakower - Simonovich) durch die von uns stammende Umgruppierung 13. ... Se7! 14. O-O Sf5 15. Lf2 Le7 16. f4 c6 17. Dd7 g6 widerlegt wird.
Zu dem Zug 9. c3! (Das Ausrufezeichen stammt von Gunderam!) bemerkt dieser, "daß er beim besten Willen für Schwarz nichts entdecken kann". Weiß wird die lange Rochade anstreben; er kann sich "ungehemmt entfalten, wobei ihm Züge wie Sge2, Ld3 nebst Dc2, De2, Lb5 (nach Sc6) und Lg2, eventuell auch Lc4, zur Verfügung stehen." "Bei späterem eventuellen c4 findet der weiße König nach Lb4+ (ein bekannt schlechter Zug!) ein gutes Plätzchen!" Gunderam schließt seine Analyse mit den bezeichnenden Worten: "Es ist unmöglich, weiter zu detaillieren; Weiß hat zweifellos die aussichtsreichere Partie erlangt."
Da der Analytiker Gunderam bei "bestem Willen" für Schwarz nichts entdecken kann, sei es gestattet, für unsere den Kopf schüttelnden Leser eine kleine Stellungsanalyse vorzunehmen: Tempomäßig ist Schwarz dem Gegner um zwei Züge voraus. Was die Bauernstellung betrifft, ist der rechte Flügel des Anziehenden geschwächt und festgelegt. Eine "dynamische" Aktion (c3-c4) würde nur das weiße Zentrum schwächen. Demnach steht dem Anziehenden ein erfolgversprechender Operationsplan nicht zur Verfügung.
In einer wesentlich günstigeren Lage befindet sich der Nachziehende: er wird nach 9. ... Sd7 10. Ld3 seine strategisch bessere Stellung sowohl mit 10. ... e5 als auch mit 10. ... c5 verstärken können.

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|rn-qkb-r|
|ppp-+pp-|
|-+-+p+b+|
|+-+n+-Pp|
|-+-PN+-P|
|+-P-+P+-|
|PP-+-+-+|
|R-BQKBNR|
-------------------

Daraus erhellt, daß in der zweiten Diagrammstellung nicht Weiß (wie Gunderam irrtümlich annimmt), sondern Schwarz überlegen steht.
Gunderams humorvoller Versuch, die "Wiener Verteidigung" (4. f3 Lf5) mit einem Kaffeehausangriff "im Stile Diemers" zu widerlegen, darf daher als gescheitert betrachtet werden.


Hans Müller


(Grammatikfehler korrigiert, Stilistik und Formatierung entsprechen der Quelle, Foto hinzugefügt - Anm. d. A.)

Ergänzungen d. A.:
  1. Hier "überzieht" Hans Müller: E.J. Diemer hat sich natürlich für sein BDG - nicht für das Blackmar-Gambit - stark gemacht, einem entscheidend verbesserten und wesentlich umfänglicher durchgearbeiteten neuen System.
  2. Die Wiener Verteidigung erhielt ihren Namen durch Diemer, nachdem der Wiener Theoretiker im "Schach-Archiv" und in der "Österreichischen Schachzeitung" diese geschlossene Fortsetzung 4... Lf5 für den stärksten Zug erklärte.
    Hans Müller führt Diemer hier jedoch nicht zufällig vor - Diemer und er hatten in den 50er Jahren "... die heftigsten Auseinandersetzungen geführt, in denen es dem IM nicht gelang, Diemer zu widerlegen." (G. Studier).

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