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In memoriam Emil Josef Diemer

Ein Nachruf von Georg Schendel

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Am 10. Oktober starb im südbadischen Fußbach im Alter von 82 Jahren Emil Josef Diemer, der sich in vielfältiger Weise um Schach verdient gemacht hat.
Ostern 1934 begann er seine Tätigkeit als Schachreporter anläßlich der Eröffnung des Weltmeisterschaftskampfes Aljechin - Bogoljubov in Baden-Baden. Art und Zweck seines Schreibens schilderte er in seinem Büchlein Das internationale Schachmeisterturnier Ostende 1937: "Es wurde mir schon vielfach der Vorwurf gemacht, (...) ich würde in jeder Partie so eine Art 'Kriminalroman' sehen. (...) Ich glaube, gerade durch die bildreiche und spannende Darstellung eines Schachkampfes werden viele Außenstehende dem Schachgedanken gewonnen und (...) wird gerade durch diese Art von Partie-Glossierung auch erfolgreich um Verständnis für die heute meist noch sozusagen in den menschlichen Außenbezirken herumgeisternden, außer Zusammenhang stehenden Schachmeister geworben."
Emil Josef Diemer schrieb nicht nur für den einen Großmeister, sondern für die 99 Amateure, die nur zur Unterhaltung Schach spielen. Trotzdem war er weit entfernt von der Verteufelung des Professionalismus. Im Gegenteil! Von der FIDE erwartete er (56 mal Weltmeisterschach, der AVRO-Achtkampf 1938), daß sie "... alles daransetzt, wenigstens den wenigen 'Berufs-Schachmeistern' ihr Leben erträglich zu gestalten und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre ganze Kraft dem Schach zu widmen, ohne sich im
[Diemer-Portrait]
(Emil Josef Diemer: * 15.05.1908 in Radolfzell;
† 10.10.1990 in Fußbach bei Gengenbach)
täglichen Existenzkampf frühzeitig aufzureiben und zu verbrauchen, sei es durch übermäßiges Simultanspielen, sinnloses Kaffeehaus-Schach - oder schlecht dotierte Schachturniere."
Der begeisterte und begeisternde Missionar des Schachs muß allerdings sehr darunter gelitten haben, daß das von ihm erforschte und nach ihm benannte "Blackmar-Diemer-Gambit" (1. d4 d5 2. e4 dxe4 3. Sc3 Sf6 4. f3 ...) in Meisterturnieren nicht gespielt wurde und wird. Diemer: "Eine Glanzpartie gegen einen erstklassigen Meister und das Gambit wäre längst 'gesellschaftsfähig' geworden." (Die von BDG-Anhängern gern zitierte Partie Spassky - Dr. Filip, WM-Kandidatenturnier 1956, konnte in dieser Hinsicht nicht voll befriedigen.)
Seit Mitte der 50er Jahre versuchte Emil Josef Diemer, sein "BDG" in zahlreichen Vorträgen, Rundbriefen, Simultanveranstaltungen und Turnieren populär zu machen. Tausende von Amateuren, vor allem in Deutschland, Holland, der Schweiz und in Nordamerika, befolgten im Nah- und Fernschach seine Devise: mit dem BDG vom ersten Zug an auf Matt zu spielen.
In diesen Jahren feierte Diemer zugleich seine größten Turniererfolge: 1952 Sieger im "Schweizer Nationalturnier", 1953 Badischer Pokalsieger, 1956 Sieger auf zwei internationalen Turnieren in Holland, 1957 Sieger in Zwolle und geteilter Zweiter im internationalen Meisterturnier von Gardone. Noch im Alter von 76 Jahren nahm Emil Josef Diemer aktiv als Spieler der Meisterklasse am Badischen Schachkongreß teil.
Bis zuletzt hielt er, in einem Altersheim einsam geworden, zumindest telefonisch Kontakt zu einigen wenigen Schachfreunden und vor allem auch zur Schachpresse.
Das Vermächtnis Emil Josef Diemers besteht in seinem Blackmar-Diemer-Gambit. Daher zu seinem Gedenken zwei seiner BDG-Gewinnpartien:


E. J. Diemer - Edwin Bhend (Schweiz), Bad Schussenried 1952

1. d4 d5 2. e4 dxe4 3. Sc3 e5 4. Sxe4 exd4 5. Lb5+ Sc6 6. Sf3 Sf6 7. Lg5 ... Genauer 7. Sxf6+ nebst 8. Dxd4 ... 7... Le7 8. Lxf6 Lxf6 9. Sxf6+ ... Genauer 9. Lxc6+ 9... Dxf6 10. Dxd4 De6+ 10... De7+! 11. Se5! O-O 11... f6? 12. O-O-O fxe5 13. Dd8+ 12. Lxc6 bxc6 13. O-O Tb8 14. Tfe1 Tb5 15. c4 c5 16. Dc3 Tb6 17. Te3 Dh6 18. Tae1 Tf6 19. Da3 Dh4 20. g3 Dh3 21. Dxc5 Th6 22. Sf3 ... Droht 23. Dxf8+ Kxf8 24. Te8++ 22... Le6 23. Dxc7 g5 24. Te5! g4 25. Tg5+ Kh8 26. Dc5 Td8 27. Sh4 Ta8 28. Dd4+ f6 29. Txe6 Tf8 30. Dd6 Ta8 31. Txf6 1 : 0


Diemer - Wohlmannstetter, Rastatter Stadtmeisterschaft 1953

1. d4 d5 2. e4 dxe4 3. Sc3 Sf6 4. f3 e6 5. fxe4 Lb4 6. Ld3 c5 7. a3 cxd4 8. axb4 dxc3 9. bxc3 Sc6 10. Sf3 Sg4 11. Lf4 h6 12. h3 Sf6 13. O-O O-O 14. Dd2 e5 15. Sxe5 Sxe5 16. Lxe5 Sxe4 17. De3 Sg5 18. h4 Sh7 19. Dg3 g5 19... g6 20. Dxg6+ fxg6 21. Lc4+ Tf7 22. Lxf7+ (22... Kf8 23. Lc4+ Ke8 24. Tae1 +- - Red.) 20. Tad1! Db6+ 21. Ld4 De6 22. hxg5 Sxg5 22... hxg5 23. Tf6 Dg4 24. Th6!! f5 25. Dxg4 ... 23. Tf6 Dg4 24. Txh6 Dxd1+ 25. Kh2 f6 26. Lc4+ Schwarz gab auf.


-------------------
|r+b+-rk+|
|pp+-+-+-|
|-+-+-p-R|
|+-+-+-n-|
|-PBB-+-+|
|+-P-+-Q-|
|-+P+-+PK|
|+-+q+-+-|
-------------------






(26... Tf7 27. Dxg5+ fxg5 28. Th8++)

"Terror zweier Läufer", schrieb das Schach-Echo in der Nummer 1953/6.

"Eine meiner schönsten Partien" (Emil Josef Diemer).


Die Partien nebst Anmerkungen von Diemer sind entnommen aus: "Das moderne BDG", Bd. 1, Rudi Schmaus Verlag.


Georg Schendel


(Orthographie angepaßt resp. korrigiert, Stilistik und Formatierung entsprechen der Quelle - Anm. d. A.)

Ergänzung d. A.:
Die Schreibweise des Namens ist nicht korrekt; richtig ist nur "Emil Joseph Diemer" - kein "f" (gemäß Auskunft des Standesamtes Radolfzell).

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